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Reviews zum Album SUNGAZER
Powermetal.de 9/10
https://powermetal.de/review/review-Skull__Crossbones/Sungazer,40764.html
Sehr spannender Neuanfang für vier ex-Sturmhexen.
Wenn sich eine Band SKULL & CROSSBONES nennt, dann fallen uns hierfür spontan
nur zwei sinnvolle Gründe ein: Entweder spielt sie Pirate Metal, oder sie hat einen
Nexus zur einer der großen Legenden des Schwabenstahls der 1980er. Studiert man
nun das Line-up der 2019 gegründeten Band von der Schwäbischen Alb, dann
bleiben schnell keine Fragen mehr offen, denn vier der fünf Musiker dieser 2019
gegründeten Kapelle von der Schwäbischen Alb standen einst in Diensten von
STORMWITCH, ehe es zum Bruch mit Frontmann Andy Mück und Managerin Liz
kam. Darüber haben wir seinerzeit ausführlich berichtet, weshalb wir dieses Thema
nun einfach Geschichte sein lassen wollen. Außerdem auch deshalb, weil - wie sich
zeigen wird - das Debütalbum "Sungazer" völlig problemlos auf eigenen Füßen
stehen kann.
Für Bassist Jürgen 'Wanschi' Wannenwetsch, die Gitarristen Volker Schmietow und
Tobi Kipp, Schlagzeuger Marc Oppold und ihren neuer Sänger Tobias Hübner
(vormals bekannt von FORENSICK), der vor nicht allzu langer Zeit auf Stefan Fronk
folgte, ist das Debütalbum "Sungazer" nämlich ein veritabler Neuanfang mit
Massacre Records im Rücken, der absolut auf eigenen Füßen stehen kann. So
hinterlässt er auch direkt einen sehr starken Eindruck, und zwar nicht nur beim
Verfasser dieser Zeilen, sondern nahezu quer durch die Reihen der Soundchecker,
gleich welcher Couleur und Provenienz. Auch die Musiker selbst gaben sich bereits
im Vorfeld der Veröffentlichung sehr zuversichtlich und selbstbewusst, und die
ersten Hörproben neuer Songs auf YouTube und bei den Liveauftritten ließen
absolut aufhorchen. Nicht selten ist es jedoch so, dass ein, von der Band voller
Euphorie angekündigtes und von den Fans gespannt erwartetes, neues Album, nur
in Teilen die Erwartungen erfüllt.
Genau das passiert bei "Sungazer" jedoch nicht, denn die Band hat hier aus dem
Stand ein echtes Pfund geliefert, das es vom dramatisch arrangierten - und im
Refrain tatsächlich leicht sturmhexigen - 'Midnight Fyre' an, bis hin zum furiosen
Finale mit 'The Traveller' und seinen hübschen MAIDEN-Vibes absolut in sich hat,
und zwar gerade nicht, indem es über die Maßen die frühere Wirkungsstätte der
beteiligten Musiker zitiert. SKULL & CROSSBONES kommt im Großen und Ganzen
nämlich mit einer deutlich höheren Grundhärte um die Ecke als die letzten paar
Alben von STORMWITCH es taten, und das betrifft sowohl die Produktion als auch
die Riffs der meisten Songs, die es beim furiosen Titelstück durchaus mit JUDAS
PRIEST aufnehmen können. Zudem gibt es auch einen Hauch von teutonischer Epik,
die mich ein wenig an die großen Fantasy-Werke aus den Federn von Kai Hansen
oder Hansi Kürsch erinnert.
Ein höheres Maß an Grundhärte soll aber nun mitnichten heißen, dass die
Gerstetter ausschließlich mit dem Stahlhammer durch die Botanik pflügten, der
beispielsweise beim stählernen Speedster 'The Drowned' kreisen darf, und nicht
auch das Metier der gefühlvollen und zarten Töne beherrschten. Im Gegenteil, wie
etwa die wunderbare Powerballade 'Live Your Dreams' beweist, die sehr gelungen
die besten Momente von Balladenexperten wie AXXIS, PRETTY MAIDS oder LILLIAN
AXE miteinander verbindet. Auf der anderen Seite besticht auch die Produktion, die
Marc Ayerle in der KlangMAnufaktur Ludwigsburg zurechtgezimmert hat, durch ihre
Klarheit und Transparenz, auch wenn es sicherlich Menschen geben wird, die sich
am wuchtigen Drumsound stören könnten. Doch Marc Oppold spielt auf einem
früheren JUDAS-PRIEST-Drumkit, wen mag da wundern, dass er auch den
Drumsound derselben zu schätzen weiß? Eben. Keinen.
Ansonsten findet die Band aus meiner Perspektive immer genau das richtige Maß
zwischen gediegener metallischer Härte, sehr melodischer Gitarrenarbeit und
richtig starken Refrains, die jedes der zehn Stücke mit Widerhaken versehen und
sehr schnell im Gedächtnis festzurren. Trotzdem gibt es bei aller Hingabe an
straighte und markante Hooks hier und da auch eine gewisse Neigung zu
progressiven Spielerein und großen 1970er-Hardrock-Gesten, wie sie sich
insbesondere in der Coda des Titelstücks allein mit Piano und Gesang finden.
Andernorts begegnen uns dezente US-Metal-Verneigungen wie etwa beim
hinterhältigen 'Manhunter' oder ein Wink gen Bruce Dickinson oder auch gen Eric
Adams beim melodischen Groover 'The Invisible Man'. 'Nature's Legacy' bringt
demgegenüber eine gewisse Nähe zu HAMMERFALL mit, und so schließen sich die
Kreise, denn auch die Schweden bekennen sich ja zu ihren STORMWITCH-
Einflüssen.
Ganz allgemein weist Sänger Tobi Hübner weit öfters Parallelen zu Bruce Dickinson
auf als zu Andy Mück, was sowohl die Stimmfarbe als auch die Hooklines angeht,
und besonders auffällig beim tollen Finale 'The Traveller' zutage tritt. Doch auch bis
wir dorthin gelangen, begeistert SKULL & CROSSBONES noch mit weiteren Knallern,
wie etwa dem von einem herrlichen akustischen Intro eingeleiteten 'Tyrant's Rule',
das im Anschluss wirklich explodiert und dabei auch durchaus Fans von JAG PANZER
oder HANKER ansprechen könnte, weil Tobi hier echt alles aus seiner Stimme
herausholt: von der strahlenden, hellen Klarheit in den Höhen, bis hin zum
kraftvollen, rauen Timbre in den Tiefen. Auch das schleppende, sinistre, leicht
orientalisch angehauchte 'Inner Self' ist ein Volltreffer, der auch Fans von
MORGANA LEFAY oder VENGEANCE ansprechen könnte.
Ja, was soll ich mehr sagen? Mit "Sungazer" ist SKULL & CROSSBONES ein Einstand
nach Maß gelungen, der beweist, dass die Band komplett auf eigenen Füßen stehen
und mit ihrer Musik auch eine ganze Menge Leute erreichen kann, denen völlig egal
ist, wer mal wo mit wem gespielt hat. Das gelingt heutzutage nicht allzu vielen
erfahrenen Musikern mit ihren brandneuen Bands und Projekten, und so ist es kein
Wunder, dass "Sungazer" in unserem September-Soundcheck einen hochverdienten
dritten Platz einstreichen kann. Glückwunsch auf die Alb!